Sonntag, 6. September 2009

2.Darmstadt-Marathon


Ja spinnt der jetzt komplett ? 2 Marathons in einer Woche laufen. Warum den nicht ? Training läuft gut. Der Koberstädter Waldmarathon scheint gut überstanden zu sein.

Die Woche vor dem Darmstadt Marathon
- So Koberstädter Waldmarathon gelaufen
- Mo wie üblich 1 Stunde Gymnastik
- Di Laufen 13,3km @ 5:16/km - etwas schlapp aber es geht
- Mi Laufen 16,7km @ 5:03/km - viel zu schnell und zu lange, aber ging doch
- Do trainigsfrei, Abends leichte Probleme beim gehen, in der Pobacke zieht es !
- Fr Schmerzen werden immer schlimmer, kann mich kaum mehr bewegen, gehe zum Notdienst. Diagnose : Nerv im Ilioskralgelenk eingeklemmt. Spritze bekommen. Es geht langsam besser
- Sa immer noch leichte Schmerzen beim gehen, wie wird das blos morgen beim Marathon werden. Mittags Startunterlagen abgeholt. Gegen Abend nehmen die Schmerzen weiterhin zu. Ich versuche verzeifelt mit Wärme die Schmerzen zu lindern. Sollten all diese Besserwisser am Ende Recht behalten ? Niemals !
- So morgen. Immer noch Probleme. Nochmal die gute Diclofernac drauf geschmiert kurz einwirken lassen und dann noch ein Kinesio Tape mit Zug über den Schmerzpunkt geklebt. So muß es jetzt klappen. Einfach mal schauen wie es läuft und dann entscheiden ob ich weiterlaufe oder nicht.



Übersichtliche Startnummernausgabe, alles bestens organisiert



Die Marathonmesse läd zum shoppen ein



Ich treffe auf Sabine Hauser vom Luxembourg Marathon Orga Team



Gregor und Robert beim Carboloading

kurz vor 9 Uhr, ich versuche mich krampfhaft auf dem Gelände der Öttinger Villa warmzulaufen. Schmerzen plagen mich im Bereich des ISG. Gerade aus laufen geht noch, Kurven sind die Qual. Aber nach ein paar Metern wird es etwas angenehmer. Was für ein Vorhaben. Ich hoffe wirklich darauf, dass der Schmerz irgendwann ausgeblendet werden kann. Ich begebe mich in den Starterblock. Ein paar Läufer erkennen mich und fragen : "sag mal, bis du nicht letzte Woche erst Koberstadt gelaufen ?" Ein wenig stolz sage ich "ja". "aber ist das nicht ein bisschen viel ?" Sicher ist es ein wenig zu viel, aber es sind doch gerade die verrückten Aktionen, an die man sich immer wieder gerne zurück erinnert. Als ich noch von meinem eingeklemmten Nerv erzähle, versucht mich mein Gesprächspartner vom "nicht starten" zu überzeugen, oder wenigstens nur den "halben" zu laufen. "Schaun mer mal, wie es läuft" ist meine Antwort.
9 Uhr es geht los. Ich versuche gleich zu Anfang etwas an Geschwindigkeit rauszunehmen. Das Ziel muß heute primär lauten : durchkommen. Nach den ersten Metern biegt die Strecke von der Kranichsteinerstaße in den schwarzen Weg ab. Ich werde öfters überholt, aber das ist heute nicht so wichtig. Außerdem muß man ja auch bedenken, dass noch wesentlich mehr Halbmarthonläufer mit den Marathonläufern gestartet sind. So jetzt mal sehen, KM1 kommt. 4:40min/km. Na, so hab ich mir das in etwa vorgestellt. Gut so. Inzwischen sind wir auf der Dieburger Straße in Richtung Oberwaldhaus. Ich merke die Schritte in der Hüfte, aber es läßt sich irgendwie ertragen. KM2 wieder 4:39/km. Noch 40km und nicht schmerzfrei, das wird einer meiner schwierigsten Läufe, wahrscheinlich der schmerzhafteste. Es sind kaum Zuschauer an der Strecke. Kein Wunder, bei den Uhrzeiten. Aber besser früh und mit angenehmen Temperaturen laufen. Die Strecke biegt jetzt am Oberwaldhaus nach links ab in den Wald. Leichtes Gefälle. Der Waldweg macht sich gleich in der Hüfte bemerkbar. KM3 dank Gefälle 4:19/km und KM4 komplett auf Waldboden in 4:26/km. Na so kann es weiterlaufen. Die Muskulatur wird warm, der Schmerz wird nicht mehr so stark wahrgenommen. So könnte ich doch da heute durchkommen. Es läuft besser als erwartet. Es geht vorbei am Backhausteich in der Nähe des Jagdschlosses Kranichstein. Nochmal scharfer Abzweig nach rechts. Der erste Vorsorgungspunkt kann getrost ausgelassen werden, es ist noch immer angenehm kühl. Wieder Abzweig nach rechts. Nun geht es nur gerade aus, lediglich die Dieburger Straße muß überquert werden. KM5 Marker passiere ich bei 22:34min. Jetzt kommt der erste ernst zu nehmende Anstieg. Natürlich noch kein Problem, aber in Runde 2 wird es interessant. Ewig zieht sich die Strecke, bis endlich der Abzweig in Richtung Aschaffenburger Straße kommt. Der zweispurige Waldweg ist nicht sehr komfortabel zu laufen, zum Glück haben sich die Hüftschmerzen fast komplett ausgeblendet. Ich werde immer zuversichtlicher und fange an mit anderen Läufern ins Gespräch zu kommen um mich abzulenken. Jetzt geht es auf die abschüssige Aschaffenburger Straße, noch in guter Erinnerung an den 1.Darmstadt Marathon. Hier kann man es schön laufen lassen. Jedoch empfinde ich das heute als nicht so angenehm. Jeder Schritt im Gefälle schmerzt wieder leicht. Also nehme ich nicht so viel Fahrt auf. KM10 kommt, die Uhr steht auf 45:25min. Das ist ein Schnitt von knapp über 4:31/km. Ich bin zufrieden. Weiter geht es in Richtung Ostbahnhof, eine Wechselstelle für die Staffel kommt. Wieder mal gute Stimmung. Nun kommt wieder ein unangenehmer Teil der Strecke. Das bereits aus dem Vorjahr gehasste Oberfeld steht auf dem Plan. Aber heute pfeift kein Wind. Angenehm, lediglich ne leichte Steigung. Ist doch alles halb so wild. Die Halbmarathonläufer sind trotzdem schon sichtlich geschafft. Ich versuche die Halbmarathonies aufzuheitern "los, ihr habt es doch gleich geschafft, nur noch 8km, das ist doch ein Klacks". Aber die 8km scheint den meisten von Ihnen doch ein größeres Problem darzustellen und ich kann einige von Ihnen sogar überholen. Es geht wieder in den Wald hinein. Abschüssig in Richtung Oberwaldhaus. Hier kommt jetzt wieder eine Versorgungsstelle und gute Stimmung. Die Zeiten lagen unter 4:30/km. Bei KM15 steht ne 1:07:15 auf der Uhr. Ich rechne mir schon mal ne Endzeit unter 3:20 aus. Aber jetzt kommt die Dieburgerstraße in Stadtrichtung. Anstieg und Wind kommt. Meine Euphorie erhält die ersten Dämpfer, den nun macht sich zu allem anderen Übel natürlich auch der Koberstädter Waldmarathon in den Beinen bemerkbar. Ich bin froh, als ich endlich den Scheitelpunkt des Anstieges erreicht habe. Nun bin ich mal gespannt was der Abschnitt in Darmstadt zu bieten hat. Zu erst mal wird man von einem Kirchenchor empfangen. Jeder bekommt hier ein kleines "Durchhalteständchen" gesungen. Erst bin ich verdutzt, aber dann freue ich mich darüber. Toll ! Die Dieburger Straße zieht sich bis es in die Wolfkehlstraße nach links ab geht. Kurzer Anstieg und wieder ne Versorgungsstelle. Sehr gut gewählte Punkte. Überhaupt gibt es an der Organisation im Gegensatz zum letzten Jahr nichts zu meckern. Über Seitersweg/Alexandraweg geht es rauf zur Mathildenhöhe. Dies ist auch der Sightseeing Highlight für die nicht aus der Darmstädter Region kommenden Läufer/innen. Kurzer Blick auf die Russische Kapelle und den Fünf Finger Turm. Das wars auch.



Die Mathildenhöhe, Russische Kapelle mit Hochzeitsturm - Bild von Mstrydom (Danke)

Jetzt geht es brutal nach unten auf einem unangenehmen Belag. Ich merke wieder jeden Schritt. Was wird das werden in der nächsten Runde. Nicht drüber nachdenken, weiterlaufen. Halbmarathonausstieg kommt nicht in die Tüte ! Kurz vorm Cityring gibt es auch für mich etwas Neues zu sehen. Das Darmstadium erblicke ich zum ersten mal im fertigen Zustand.



Das Darmstadtium mit der integrierter Stadtmauer - Bild von Kadellar (Danke)

Kurz vorm Museum geht es in den Herrngarten. hier spielt eine Band und auch ein paar Zuschauer machen gute Stimmung. Zeit für den Gelpack. Raus aus dem Herrngarten durch das Martinsviertel, kurzer Umweg auf die Kranichsteiner Straße und es geht zum ersten Mal auf den Start/Zielbereich zu. KM20 stoppe ich bei 1:30:25 Röhnring überquert, da steht Harald mit der Ratsche und feuert an. Super ! Nun trennt sich der Großteil der Läuferschar vom Rest des Feldes. Abzweig für die Halbmarathonläufer/in. Ja, die haben es geschafft ! Ich muß nochmal ne Runde und eigentlich bin ich schon total am Ende. Am Kontrollpunkt wird mir zugerufen, Platz 24 ! Ja, toll aber trotzdem noch über 21 km zu laufen. Die ganzen Beine, alles tut inzwischen weh. Habe ich mir doch zuviel zugemutet, hätte ich aussteigen sollen. Es gesellt sich ein Läufer zu mir. Wir kommen ins Gespräch, ach das ist wieder schön, mal etwas abgelenkt zu sein. Ich versuche Schritt zu halten, den irgendwie sind die Straßen wie leergefegt. Aber auf der Kranichsteiner Straße muß ich die Unterhaltung abbrechen, ich kann nicht mehr mithalten. Na dann viel Glück. Aber jetzt kommen mir die vielen anderen Läufer entgegen, und man motiviert sich gegenseitig. Wieder rein in den Wald, total einsam laufe ich mit verbissenem Gesichtsausdruck. Eine gute Wahl, die Sonnenbrille diesmal mit ins Rennen zu nehmen, so sieht man mir alles nicht so an. KM25 in der Nähe des Jagdschlosses Kranichstein erreiche ich bei 1:53:18. Noch 17km, es wird zur Qual und zum Kampf mit den Schmerzen. Nun auch noch die lange Gerade mit den Steigungen. Für KM27 brauche ich 5:10/km. Wars das jetzt, 15km vorm Ziel ? Auf, weiter irgendwie wird es gehen. wenn ich nur schon auf der Aschaffenburger Straße wäre. Ich nehme wieder etwas an Fahrt auf. War wohl nur ein kurzer Tiefpunkt. Mit 4:30,4:20,4:42min/km geht weiter. Nicht mehr so schnell wie in der ersten Runde, aber wenn ich den Schnitt unter 5min konstant halten kann, dann schaffe ich ne Sub 3:20. Also weiter gehts ! Aschaffenburger Straße ist erreicht. Laufen lassen. Aber die Schmerzen sind zu groß. Bergablaufen macht heute keinen Spaß. Ich bremse ab. 4:36,4:37min/km. Noch 10km. Durchhalten. Zeit steht auf 2:26. Also 54 Minuten für den Rest. 5'er Schnitt würde locker reichen. Das ziehe ich jetzt durch. Rauf ins Oberfeld. 2. Gelbeutel rein. Alles jetzt mobilisieren. Wäre ich doch nur schon in der Stadt, wo ein bisschen Anfeuerung ist. KM33 mit 4:51min/km und KM34 mit 4:54min/km. Das kann es doch jetzt auch nicht sein ! Ich werde überholt. Ist das ein Staffelläufer oder ein Konkurrent um die Plätze? Scheiß egal jetzt, ich hänge mich verzweifelt dran. Es läuft wieder. 4:01 für KM35. Das wirkt jetzt wie ein Turbo. Am Oberwaldhaus nochmal zu Isogetränk gegriffen. Die Steigung der Dieburgerstraße Stadteinwärts rauf. KM36 kommt schon, nur ne 4:52/km. Aber bedenkt man Steigung ist das gut. Steigung überwunden und da ist auch schon wieder der Kirchenchor. Sie singen "auf Frank, du hast es bald geschafft". Die find ich heute echt klasse ! Dieburger runter, mir kommen ständig noch Marathonläufer/innen entgegen die noch die komplette 2. Runde vor sich haben. Ich feuere fast jeden auf der Gegenspur an. Meine Güte, nochmal die Runde. Die sind wesentlich beschissener dran als ist. Ich biege jetzt in die Wolfkehlstraße ein. Vorletzter Verpflegungsstand. Wasser rein. Hoch auf die Mathildenhöhe. Auf ! Geht noch, geht noch, geht noch, rede ich mir immer wieder ein. Sämtliche Laufmuskeln sind bretthart, ein Glück hatte ich nie irgendwelche Probleme mit Krämpfen. Die Mathildenhöhe ist erreicht. Jetzt abwärts. Aua ! Verflucht ! Die Hüfte, jeder Schritt. So weit ist es doch nicht mehr KM38/4:40 und KM 39/4:43. Ich steuere auf das Darmstadium zu, da höre ich die Stadtkirche. Es ist 12 Uhr. Das bedeutet wenn ich jetzt noch einen drauflegen kann, dann schaffe ich am Ende ne Sub 3:15 ! Nochmal schinden 3 KM lang. Cityring, Herrngarten mit Musik. Getränk geschnappt, Martinsviertel. KM40 in 4:31min. Umweg auf die Kranichsteiner. Jetzt bis zum Startpunk laufen, dann ist es nicht mehr weit. KM41 in schaue auf die Uhr 3:07:52. Jetzt kann mich niemand mehr stoppen. Die Sub 3:15 wird gepackt ! Röhnring überquert. Wie geht es weiter. Irgendwie laufen hier jetzt alle durcheinander. Da muß es zum Stadion gehen. Vorbei an den bereits erholten Halbmarathonfinishern. Es gibt wieder Beifall. Gleich geschafft hört man jetzt von allen Seiten. Ich laufe auf die Bahn. Jetzt noch eine Runde. Harald feuert jetzt im Stadion mit der Ratsche an. Top ! Ich gebe alles. Die Schmerzen werden ausgeblendet durch das unbeschreibliche Glücksgefühl mal wieder etwas total Verrücktes geschafft zu haben. Der Zielbogen kommt näher. Ich laufe jubelnd durch. 3:13:06. Das gibt es doch gar nicht. Der Wahnsinn !
Im Ziel wartet schon Gregor und Robert. Gregor hat doch glatt mit 2:57:26 ne sensationelle Zeit bei seinem Heimspiel hingelegt. Das reicht am Ende zu Platz 3 in der AK. Sauber ! Robert freut sich ebenfalls, schließlich ist es sein 2. Halbmarathon innerhalb einer Woche. Jetzt erst mal Prost !
Ständig trifft man weitere bekannte Leute. Es ist eine rundum gelungene Veranstaltung. Vielleicht einzig etwas mehr Lauf in der Stadt, anstelle der langen einsamen Waldwege wäre noch eine Verbesserung. Aber schließlich muß man hier auch an die Verkehrsbehinderung denken. Eine 100%-tige Steigerung zum letztjährigen Marathondebüt der Wissenschaftsstadt Darmstadt.